Mitgefühl fest in uns verankert

Es ist stark in uns verwurzelt und ereilt uns solcherart unüberlegt wie Bedrohungsgefühle. Ohne Anteilnahme gäbe es keine keine Uneigennützigkeit untereinander.

Ein ungerührter Erdenbürger wird vorwiegend als missfallend empfunden. Unsereins selbst möchten nichtsdestotrotz auf keinen Fall jene Gefühlsbewegung in anderen hervorrufen.

Denn Sympathie hat eine Schattenseite. Einmal im Jahr zelebrieren Kinder St. Martin, der mit seinem Pferd durch die Winterlandschaft reitet und von einem abgerissenen Armen am Pfad um Hilfe anfleht wird. Der gute Mann erwäg nicht lange Zeit, zerschlitzt seinen warmen Überhang mit dem Säbel und überreicht die eine Hälfte dem Armen. Die wohlwollende Gebärde trägt ihm bis auf den heutigen Tag Anerkennung ein – und den Kindern Naschkram. Spielarten von Mitgefühl sind die Münzen, welche unsereins in den Hut eines Armen fallen lassen, oder die Schenkungsüberweisungen für Hilfsprojekte.

Das tätige Mitgefühl hat nicht nur im Christentum eine nachhaltig Überlieferung, stattdessen ist sie in allen Religionen festgemacht. De facto ist es ein sehr altes, stark verwurzeltes genetisches Programm, welches scheinbar schon den Steinzeitmenschen das Überdauern der eigenen Spezies sichern sollte. Gerät ein Angehöriger des eigenen Clans in eine bedrohliche Notlage, rumoren nicht zuletzt bei den anderen Mitgliedern die Alarmglocken, und sie versuchen, den lebensgefährlichen Sachverhalt abzustellen, indem: im Kampf versus der Übermacht der Natur wird jedes Gruppenmitglied benötigt und der Entfall eines Artgenossen zehrt die Gruppe.

Anteilnahme scheint wie Beklommenheit, eine frühzeitliches Stimmungslage zu sein, die im ältesten Teil des Gehirns in Erscheinung tritt, mithin im limbischen System, welches instinktive Wirkungsmuster anstiftet. Haben wir Beklemmungen, dann wollen wir fortrennen. Überwältigt uns Mitgefühl, dann wollen wir hinrennen, etwas Taugliches demgegenüber tun. Der Erdenbürger ist als soziales Geschöpf auf seine Artgenossen abhängig. Allein kann er kaum fortdauern. Beileid hilft, Notlagen und Aggressionen in der Gruppe zu bewältigen. Das gilt bis heute. Mit dem Fortschritt hat infolge dessen jede Gesellschaftsstruktur ein Ordnungsprinzip der Nothilfe elaboriert... aus reinem Selbsterhalt, infolge dessen jeder einmal in Krisis geraten mag.